Alkohol in Kosmetik - Gut oder schlecht?

Alkohol in Kosmetik - Gut oder schlecht?

Diese Frage stellt ihr uns im Store relativ häufig. Alkohol ist einer der Inhaltsstoffe in Naturkosmetik, der neben Pflanzenextrakten und ätherischen Ölen am meisten kritisiert wird. Die Begründung: Total reizend und austrocknend!

Aber stimmt das wirklich so pauschal? 

Alkohole in Kosmetik 

Für die Chemie-Nerds unter euch kurz zur Definition: Alkohole sind organische Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff, die mindestens eine Hydroxylgruppe (= Alkoholgruppe) enthalten.

Den einen Alkohol gibt es also nicht.

Bezogen auf die Kosmetik können wir die enthaltenen Alkohole grundsätzlich in zwei Gruppen einteilen:

  1. Die pflegenden Alkohole (meist Zucker-/Fettalkohole sowie Diole). Diese findet ihr in der Liste der Inhaltsstoffe (INCI) z.B. unter folgenden Bezeichnungen: Sorbit, Cetylalcohol, Cetearyl Alkohol, Stearyl Alkohol, Pentylene Glycol, Propylene Glycol, Lauryl Alcohol, Palmitoleyl Alcohol, Lanolin Alcohol
  1. Die umstrittenen Alkohole: INCI-Bezeichnungen z.B. Alkohol denat., Alcohol, SD Alkohol, Weingeist, Ethanol, Ethyl Alcohol, Methanol, Benzyl Alcohol, Isopropanol 

Wozu werden Alkohole in kosmetischen Rezepturen verwendet?

In der Naturkosmetik hat die Verwendung von Alkohol (Weingeist/Ethanol) eine lange Tradition, da dieser ein sehr wichtiges Auszugsmittel für Pflanzenextrakte war (und bei einigen Firmen immer noch ist), also um Wirkstoffe aus den verwendeten Pflanzenteilen zu lösen. Gleichzeitig wirkt Alkohol konservierend, vitalisierend und sorgt für ein angenehmes, leichtes Hautgefühl nach dem Eincremen.

Alkohol zählt außerdem zu den sogenannten „Enhancern“, das sind kosmetische Stoffe, die das Eindringen von Wirkstoffen in die Haut erleichtern.

Die moderne Herstellung macht es möglich, Pflanzenextrakte schonend durch CO2-Extraktion statt durch das Ausziehen mit Alkohol zu gewinnen. Auch sind mittlerweile gute Alternativen in Form der pflegenden Alkohole, aber auch Breitbandkonservierern verfügbar, wenn es um die Haltbarmachung von Kosmetika geht. Einige davon sind auch für zertifizierte Naturkosmetik zugelassen. Dies hat dazu geführt, dass der Einsatz von Alkohol in Kosmetik immer weiter reduziert werden konnte.

Aber nochmal ein kleiner Exkurs zum Alkohol, dem Ethanol (=Trinkalkohol/Weingeist):

Die Hersteller stehen bei der Verwendung von Alkohol vor dem Problem, dass eine nicht unerhebliche Alkoholsteuer (früher auch „Branntweinsteuer“ genannt) erhoben wird. Um diese zu umgehen, werden meist sogenannte „Vergällungsmittel“ eingesetzt, die den Alkohol ungenießbar machen sollen.

Hersteller konventioneller Kosmetik greifen hierbei häufig zu Diethylphtalaten (DEP) oder Isopropanol. Dies sind Stoffe, die schädlich für die (Haut-)gesundheit sind. Leider gibt es in der Europäischen Kosmetikrichtlinie keine Vorschrift für die Differenzierung des Vergällungsmittels.

Im Bereich der zertifizierten Naturkosmetik wird denaturierter Alkohol eher bei den preisgünstigen Firmen verwendet.

Substanzen wie DEP sind nicht zugelassen. Häufig genutzte Vergällungsmittel sind hier Anissäure oder Triethylcitrat (das kennen viele von euch als Deowirkstoff).

Namhafte Naturkosmetikhersteller wie Dr. Hauck, Santaverde, Farfalla oder Dr. Hauschka nutzen für ihre Produkte den durch die Alkoholsteuer sehr hochpreisigen, unvergällten Trinkalkohol (Ethanol, Weingeist), der aus Bio-Getreide, Obst oder Kartoffeln durch alkoholische Gärung hergestellt wird.

Vor- und Nachteile von Alkohol in Naturkosmetik:

Beim Thema Alkohol in der Naturkosmetik wird es in der Diskussion schnell emotional. Studien am Menschen kamen teilweise zu widersprüchlichen Ergebnissen. Die Hersteller haben sich zum Thema Alkohol in ihren Formulierungen ihre Gedanken gemacht und sich meist für ein Konzept mit oder ohne Alkohol entschieden. Gar nicht so einfach, da für sich die individuell richtige Entscheidung zu treffen!

Deshalb findet ihr hier eine Auflistung der Vor- und Nachteile. Im Anschluss geben wir auch noch unsere Einschätzung dazu ab, worauf es bei der Auswahl von gut verträglichen Kosmetikprodukten ankommt. Und, Achtung Spoiler: Selbstverständlich führen wir sowohl Pflegeprodukte mit als auch ohne Alkohol, sodass du bei uns auf jeden Fall fündig wirst. ;-)

Vorteile:

  • Alkohol ermöglicht leichte, haptisch sehr angenehme Formulierungen
  • hat einen leicht mattierenden Effekt
  • wirkt tonisierend und vitalisierend auf die Haut
  • ist ein wichtiges Lösungs- und Extraktionsmittel für pflanzliche Wirkstoffe und ätherische Öle
  • ist ein Konservierungsmittel, das bereits in Konzentrationen von 10-12% zuverlässig wirkt und im Gegensatz zu den in der Kosmetikverordnung synthetischen Konservierungsmitteln keine Allergien auslöst und nicht sensibilisierend wirkt
  • kann den Einsatz von synthetischen Konservierungsmitteln unnötig machen/verringern
  • Enhancer-Funktion: Alkohol ermöglicht eine bessere Penetration von Kosmetikwirkstoffen 

Nachteile:

  • in sehr hohen Konzentrationen kann Alkohol austrocknend und reizend wirken
  • bei einer bereits geschädigten Hautbarriere kann Alkohol den Hautzustand verschlechtern und die Hautalterung durch vermehrte Produktion freier Radikale beschleunigen
  • kann in hohen Dosen haut eigene Lipide lösen
  • bei bereits bestehenden Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Akne oder Rosacea kann Alkohol in hohen Dosen den Hautzustand verschlechtern
  • vergällter Alkohol kann schädliche Stoffe enthalten (für zertifizierte Naturkosmetik sind nur wenige, unschädliche Vergällungsmittel erlaubt)

Was wir bei WERTE FREUNDE über Alkohol in Kosmetik denken

Auch beim Thema Alkohol in Kosmetik möchten wir auf gar keinen Fall dogmatisch sein. Alkohol hat in der Herstellung von Naturkosmetik eine lange, berechtige Tradition. Wir freuen uns aber auch über die Produkte in unserem Sortiment, die keinen Alkohol enthalten und somit auch für besonders sensible Haut geeignet sind.

Wenn du eine unproblematische Haut und eine intakte Hautbarriere hast, macht dir Alkohol in der üblichen Konzentration sehr wahrscheinlich nichts aus. Es kommt nämlich vor allem auf die Einsatzkonzentration und die Gesamtformulierung des Produktes an. Geschickte Kombinationen in der Rezeptur mit Glycerin und den pflegenden Alkoholen sorgen dafür, dass nur geringe Alkoholmengen nötig sind, um ein Produkt sicher zu konservieren.

Auch ist heutzutage allgemein weniger Alkohol in den Rezepturen. Mehr als 20% Alkohol (das ist der Grenzwert, in dem man sich relativ einig ist, dass er ab dieser Einsatzkonzentration austrocknend wirkt) sind v.a. in Parfüms und After Shaves enthalten, aber nicht in den üblichen Gesichtscremes.

Ist Alkohol in der INCI unter den ersten fünf Inhaltsstoffen gelistet, solltest du bei sensibler und vorgeschädigter Haut vorsichtig sein. Ist der Alkohol sehr weit hinten in der Liste, ist die Wirkung auf die Haut zu vernachlässigen.

Und um es nochmal ganz deutlich zu machen: Kosmetikprodukte MÜSSEN konserviert werden, um eine Verkeimung zu verhindern.Wenn also kein Alkohol im Produkt enthalten ist, muss man sich fragen, welches Konservierungsmittel denn dann vorzufinden ist.

Einige Menschen kommen besser mit Alkohol zurecht als mit den auch für Naturkosmetik zugelassenen Breitband-Konservierern wie z.B. Benzoesäure oder Potassium Sorbate. Das muss jede(r) für sich selbst austesten.

Des weiteren kommt es auf die Art der Anwendung und die Produktart an. Bei Sprüh-Tonics verdunstet der Alkohol sehr schnell. Bei Cremes bricht die Emulsion beim Auftragen auf die Haut auf, was ebenfalls zu Verdunstung führt. Laut Hautpflegeexperten wie Dr. Hans Lautenschläger und Heike Käser wirkt Alkohol in Konzentrationen von 10- 12% somit vor allem im Produkt und weniger auf der Haut.

Wie in anderen Lebensbereichen macht auch hier die Dosis das Gift!

Bei bestehenden Hauterkrankungen empfehlen wir in der Regel alkoholfreie Kosmetika als therapiebegleitende Basispflege, um die Hautbarriere nicht weiter zu schwächen. Ausnahmen bestätigen aber auch hier die Regel!

Solltest du dir unsicher sein, was besser für deine Haut ist, buche gerne eine Behandlung bei uns. Unsere Fachkosmetikerinnen beraten dich gerne und erstellen dir deinen individuellen Hautpflegeplan!

Zurück zum Blog